Das Sterben der letzten Überlebenden, die Rückkehr des Kriegs nach Europa und der Aufstieg politischer Dämonen, die wir überwunden geglaubt haben: Die Position in der Geschichte, die europäische Gesellschaften die vergangenen Jahrzehnte für sich beansprucht haben, scheint wegzubrechen. Zurück bleibt eine Unsicherheit, die allerorten zu spüren ist und auf die wir auch mit ästhetischen Praxen eine Antwort suchen.
In diese Lücke tritt nur scheinbar das dokumentarische Theater, weil es zu erhalten verspricht, was aktuell auf dem Spiel steht: den authentischen Ausdruck der Erinnerung, von der wir hoffen, dass sie uns gegen die Rückkehr des verheerenden 20. Jahrhunderts immunisiert. Zugleich läuft gerade dieser der Positivismus Gefahr, die Fantasie einer Überwindung der eigenen Gewaltgeschichte zu reproduzieren.
In seinem Vortrag fragt Max Czollek, ob es als Antwort auf die Enttäuschung der Fantasie von der Überwindung der Gewaltgeschichte nicht ein post-dokumentarisches Theater bräuchte? Eines, was eben auch eine Sprache für diejenigen Dinge findet, die nicht stattgefunden haben. Ist es nicht genau hier, dass das Theater das ganze Potential seiner Verfahren ausschöpft: als (Alp)Traummaschine einer Welt, deren Fieberkurve immer wieder neu nachzuzeichnen ist. Als Ort der Fiktion, die eine mögliche Zukunft abbildet aber eben auch die Lücken der Vergangenheit. Ein Theater, was ebenso hinausgeht über die viele Glaubenssätze progressiver Ansätze der letzten Jahrzehnte.
Dauer ca. 40 Min.
Eintritt frei, Anmeldeformular folgt
Im Rahmen von It's The Real Thing | Basler Dokumentartage 26
itstherealthing.ch