Über sechzig Jahre lang arbeitete Josefina Orlaineta in mehr als vierzig verschiedenen Jobs im südmexikanischen Campeche. Ihr Sohn Anacarsis zog nach Mexiko-Stadt, wo er das Theater für sich entdeckte und zu seiner Identität als schwuler Mann fand. Nun hat Josefina einen weiteren „Job“: Sie steht gemeinsam mit ihrem Sohn auf der Bühne – und erzählt ihre eigene Geschichte. Hinreissend, mit viel Charme und Humor, lässt sie ihre unzähligen Tätigkeiten Revue passieren. Sie enthüllt ihre Verkaufstechniken und Überlebensstrategien, während sie auf der Bühne Würste stopft – als würde sie die Szenen mit Erinnerungen füllen. 

Feinfühlig befragt Anacarsis Ramos seine Mutter und erweitert den intimen Dialog zu einer klugen Reflexion über ökonomische Überlebensrealitäten, Klasse und das Theater. Denn auch für die Verbesserung der prekären Arbeitssituation am Theater hat Josefina überzeugende Ideen. Wenn Ramos schließlich über die Vorliebe der Europäer für dokumentarisches Theater und die Bedeutung seiner Mutter als Selbstdarstellerin hadert, landet das Stück mitten im Jetzt. Josefina gelingt es – wie in all ihren anderen Jobs – auch im Theater souverän ihren Platz zu behaupten. Genau darin liegt eine der grossen Stärken dieses ebenso klugen wie unterhaltsamen Dokumentartheaterstücks, das zu den absoluten Highlights der vergangenen Festivalsommer zählt. 

Dauer ca. 90 Min.